Atlantik West-Ost

02.07.2023
Mahea trägt Alex und seine Crew in diesem Moment über den Atlantik nach Europa. Wer live dabei sein möchte, möge sich hier einklinken und unten weiter lesen.

2. Juli, 07:25 UTC

Falmouth, Port Pendennis Marina
 

Angekommen! Endlich! Endstation! Geschafft!Was für ein tolles Gefühl. Nach kräftezehrenden 8 Tagen und 22 Stunden kreuzen wir also den Fluss Fal hinauf, um Mahea nach dieser langen Reise endlich festzumachen.Die letzten Etappe hat uns nochmal einiges abverlangt. Dabei begann alles so unspektakulär. Bei leichtem Wind verließen wir die Azoren und mussten an Tag 3 sogar den Motor starten, da uns der Wind ausging. Anschließend ging es weiter nach Nordnordost. Auf nicht ganz direktem Weg begaben wir uns auf die Suche nach Wind und wurden irgendwann fündig. Und Stück für Stück legte der Wind zu. Oliver, der uns immer im Auge hatte und während der ganzen Überquerung abwechselnd mit Windinformationen, Kursvorschlägen oder Durchhalteparolen versorgte, ließ eine seiner Nachrichten ganz lapidar mit "Freitag schaepperts" beginnen. Zwar nicht ganz im Stil des Wetterberichts der Tagesschau, aber den Kern der Sache getroffen. Denn so kam es dann auch. In der Nacht von Donnerstag (29.6.) auf Freitag (30.6.) legte der Wind langsam zu und am Nachmittag schepperte es dann tatsächlich. Im Laufe der folgenden 24 Stunden baute sich dann eine sehr eindrucksvolle Welle auf und mitunter hätte locker ein Einfamilienhaus zwischen Wellental und Wellenberg gepasst. Dank konsequenter und hervorragender Handsteuerung der Mannschaft kamen wir unbeschadet und zügig voran und hatten am Schluss nur noch eine Prüfung zu meistern: Den Verkehr des Ärmelkanals. Unglaublich, wieviele Frachter sich auf einmal um uns herum tummelten. Wir hatten auf dem Weg nach England schon gemerkt, dass der Verkehr immer mehr wird, aber nach Passieren der Scilly Island wurde es extrem. Frachter, Tanker und Fähren, die von Norden aus Irland, von Westen vom Atlantik oder von Süden über die Biskaya in dieses Nadelöhr wollten, umringten, überholten oder kreuzten uns. Und dazu all diejenigen, die wieder rauswollten. Ein echter Spießrutenlauf, der aber ohne Vorkommnisse blieb.Dafür kam es im Hafen von Falmouth fast zu einer Kollision. Ein kleines Motorboot hielt geradewegs auf uns zu. Da wir unter Segeln unterwegs waren, hatten wir sowohl Wegerecht als auch Kurshaltepflicht. Zweiteres ist gar nicht so einfach, wenn man hoch am Wind segelt und dieser konstant unkonstant ist. Trotzdem versuchten wir alles, um dem kleinen Motorboot klarzumachen, wo wir hinwollen, damit es seinen Kurs entsprechend anpassen konnte. Aber die Reaktion des anderen Verkehrsteilnehmers blieb aus. Somit bereiteten wir uns mental schon auf das Manöver des letzten Augenblicks vor, unser Ausweichmanöver quasi, um eine Kollision zu verhindern. Aber bevor von unserer Seite aus weitere Schritte nötig waren, wurde die Situation schlagartig entspannt. Auf einmal wedelten aus dem Cockpit des Motorbootes zwei norwegische Flaggen. Stark übermüdet und geistig schon beim Anlegen begriffen wir nicht sofort, was für eine großartige Aktion dahintersteckte. Sannes Papa hatte es sich nicht nehmen lassen, seine Tochter höchstpersönlich noch vor dem Festmachen am Steg zu begrüßen und in Empfang zu nehmen. Was für ein wundervoller Moment. Und was für eine tolle Überraschung, denn keiner von uns war eingeweiht.Frode begleitete uns noch bis zum Steg und durfte meine 3 (!) Anlegemanöver bestaunen, bevor der Spuk dann doch noch ein Ende hatte.Und seitdem liegt Mahea glücklich und zufrieden in Falmouth und die Stammbesatzung genießt den englischen "Sommer". Aktuell sind wir dankbar und froh über unsere Heizung und das Cockpitzelt, welches unser Wohnzimmer quasi erweitert…

MISSION ACCOMPLISHED 19. Juni 133o UTC 

38°32'N 028°38'W HORTA


GESCHAFFT! Nur Großbuchstaben können annähernd ausdrücken, wie froh, erleichtert und überglücklich wir waren, als wir gestern (18.6.) Nacht kurz vor Mitternacht die Leinen festgemacht haben. Außerdem kommt noch Stolz dazu. Wir sind unbeschadet angekommen, haben weniger als 14 Tage benötigt und den Motor nur 27 Stunden lang benutzt. Keine Ahnung, ob wir Glück hatten. Vielleicht hatten wir einfach kein Pech…
Standesgemäß haben wir Mahea gestern Nacht nur notdürftig festgemacht und sind anschließend in Peter's Cafe geeilt, um kurz vor Sperrstunde noch ein isotonisches Getränk zu ergattern. Und dank Sinas Zielstrebigkeit und Überredungskünsten hielten wir pünktlich um Mitternacht jeweils 2 Bier in den Händen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ein Bier hier lediglich 0,2l misst. Das schmälert die Beute etwas. Geschmeckt hat's trotzdem.Interessanterweise hat uns allen weniger der sogenannte Landgang (der schwankende feste Boden unter den Füßen nach langer Zeit auf See) als die Reizüberflutung zu schaffen gemacht. Große Menschenmengen hatten wir ja auf dem Atlantik eher selten. Dafür hatten wir zwei Rendezvous mit anderen Segelbooten. Vorgestern wurde uns auf offener See sogar ein Stück vom dortigen Geburtstagskuchen überreicht. Im Gegenzug gab's eine Dose Schlagsahne und 2 Zigaretten. Auf offener See wird halt geholfen, wo man kann…
Heute Abend wird unser Segel vom Segelmacher abgeholt und hoffentlich bis Mittwoch fertig. Und wenn die Aussichten so bleiben, dann geht es am Mittwoch oder Donnerstag weiter nach England. Denn da wartet schließlich jemand auf den Papa…

Wort zum Sonntag
18 Juni 2o23 o2oo UTC 

38°18'N 030°55'W

Guten Morgen
Wir nähern uns 30° West. Jetzt heißt es wachsam sein. Ein weiterer Meilenstein für Mahea und uns. Und einige in dieser Gruppe spitzen hier wahrscheinlich auch die Ohren. Denn bei Transatlantikflügen ist 30° W der Punkt, an dem man von den irischen Fluglotsen an die kanadischen übergeben wird (oder umgekehrt). Und da über dem großen Teich sonst nicht viel passiert, ist das natürlich ein Highlight während des Fluges.
30° West bedeutet aber auch, dass die Insel Faial fast zum Greifen nah ist. Lediglich 108 Seemeilen (200km) trennen uns noch vom sicheren Hafen. Der bisherige Empfang löst jedoch gemischte Gefühle aus. Momentan haben wir fabelhaften Rückenwind, der uns mit Spitzengeschwindigkeit in Richtung Osten fliegen lässt. Andererseits regnet es. Und Rückenwind bedeutet dann leider, dass der Regen "von hinten" ins Cockpit kommt. Und da nützen Windschutzscheibe und Sprayhood herzlich wenig. Aber wir wollen uns keinesfalls beschweren. Denn zum Ausgleich wird es wärmer. Der Wetterbericht meldet 20°C. Richtig überprüfen können wir das nicht. Da wir kein Außenthermometer haben, ziehen wir für den Eintrag im Logbuch einfach von der Innentemperatur 1 Grad ab. Je nach Koch- oder Duschaktivität kann es dabei natürlich zu verfälschten Messungen kommen. Und sobald wir die Dieselheizung in Betrieb nehmen müssen, sollten wir den Korrekturwert vielleicht nochmal überdenken.Apropos Kochen:Gestern war es soweit. Wobei, eigentlich war es bereits am Donnerstag so weit. Ich bin nämlich im Internet auf ein Pizzarezept von italienischen Seglern gestoßen. Und nachdem von mir bereits ein paar mäßig erfolgreiche Versuche unternommen worden sind, den Salon in eine Pizzeria zu verwandeln, klang dieses Rezept sehr vielversprechend. Vor allem unterscheidet es sich fundamental von meiner bisherigen Herangehensweise. Der Teig muss nämlich über 3 Tage zubereitet werden und die Pizza wird am Ende in der Pfanne gebacken. Die Leistung der meisten Gasöfen an Bord ist nämlich beschränkt und die Temperatur kommt selten über 150° hinaus.Und nach einer 3 tägigen Teigschlacht, Mehl in allen Ritzen und etwas Geduld kann ich verkünden, dass wir gestern tatsächlich auf ganz ganz hohem Niveau diniert haben. Als Pizza Afficionado erlaube ich mir an dieser Stelle sowohl Urteil als auch Eigenlob.Und wem jetzt das Wasser im Mund zusammenläuft, bekommt das Rezept sehr sehr gern von mir. Oder bestellt sich einfach eine Pizza. Was für ein Luxus!
Eine weitere Erkenntnis möchte ich gern mit euch teilen: Wollsocken halten wunderbar warm, wenn man nachts leicht übermüdet und eher gelangweilt Wache schiebt.Und Wollsocken eignen sich wunderbar zum Schlittschuhlaufen auf den Bodenbrettern unter Deck. Und wenn genug Schräglage im Spiel ist, hilft das auch gegen die Langeweile.
Wir wünschen euch einen wundervollen Sonntag
Alex, Fiko, Sina & Sanne

Positionsmeldung
16. Juni 2o23 oo3o UTC

38°02'N 036°42'W

Da sind wir. Mittlerweile ausgeruht und ausgeschlafen. Geputzt und teilweise sogar geduscht. Was will man mehr. Gerade gleiten wir völlig entspannt bei 10 Knoten (18 km/h) Wind mit 5 Knoten (9 km/h) übers Wasser. Das war nicht immer so. Während der letzten Tage hatten wir ordentlich Wind und umso länger der Wind wehte, umso höher wurde die Welle. Am Dienstag wurden wir von teilweise sehr hohen Wellen begleitet, die, wenn sie brachen, dem Schiff (und der Besatzung) unangenehme Schläge versetzten und uns teilweise aus der Bahn warfen. Mahea und ihre Mannschaft haben aber alles gut überstanden und mittlerweile trennen uns nur noch 350 Seemeilen (650 km) von der Insel Faial und dem Örtchen Horta. Wir können es kaum erwarten, uns in Peter's Café Sport, einer der berühmtesten Seglerkneipen überhaupt, unsere Belohnung abzuholen. Aber ein wenig müssen wir uns noch gedulden. Im Moment haben wir eher schwachen Wind und um den Mittag rum lief sogar der Motor für 5 Stunden. Und da der Dieselmotor den Boiler mit Heißwasser beliefert, gab es vorhin erstmal eine heiße Dusche. So ganz ungelegen kam uns die Flaute also nicht. Aber jetzt sind wir bereit für das nächste Tief, welches am Samstag etwas Wind bringen sollte. Bis dahin genießen wir die Ruhe und das sanfte Schaukeln mitten auf dem Atlantik. Verrückt.
So ganz unbeschadet sind wir übrigens nicht durch die letzten Tage gekommen. Gestern Abend ist uns ein 1m langer vertikaler Riss in der Mitte des Großsegels auf Höhe des 2. Reffs aufgefallen. In einer nächtlichen Aktion haben wir folgerichtig Erste Hilfe geleistet und den Patienten mit Panzertape aka Gaffa versorgt und stabilisiert. Leider blieb der gewünschte Erfolg aus, sodass heute Morgen bereits wieder eine große offene Wunde im Segel klaffte. Es waren also härtere Bandagen gefragt, in unserem Fall Dacron Tape (der Stoff, aus dem das Segel ist), Segelgarn und eine massive Nadel, um den Faden überhaupt auf die andere Seite des Lakens zu bekommen. Mit chirurgischer Präzision wurde die Wunde dann genäht und quasi mit einem Transplantat versehen. Über Erfolg oder Misserfolg wird der nächste stärkere Wind entscheiden. Auf den Azoren werden wir das Segel dann aber in die Hände eines Profis geben, damit alles nochmal nachgearbeitet und verstärkt werden kann. Es sollen ja keine Narben bleiben… ;)
Damit wünschen wir euch ein tolles Wochenende und eine schöne Zeit.
Team Mahea

Positionsmeldung
13. Juni 2023 03:30 UTC

37°09'N 043°52'W

Guten Morgen allerseits,
während wir hier durch die Nacht reiten (reiten im Sinne von Rodeo, nicht Galopp), jagt ein Rekord den nächsten. Nachdem sich im Laufe des vorgestrigen Sonntags eine ordentliche Welle aufgebaut hatte, tat der Wind sein Übriges und ließ die Kämme regelmäßig brechen. Das sorgt teilweise für unangenehme Schläge, manchmal wirft es uns aus der Bahn und hin und wieder gibt es, wie bereits erwähnt, einfach einen Schupser von hinten. Ich kann an dieser Stelle nun stolz verkünden, dass der aktuelle Geschwindigkeitsrekord bei 15 Knoten (27 km/h) über Grund liegt. Allerdings muss ich zugeben, dass es sehr gespenstisch ist, wenn das Schiff in stockdunkler Nacht auf einmal mit dem dreifachen der sonst üblichen Geschwindigkeit ins Wellental rauscht. Da wünscht man sich eine Handbremse.
Kurz darauf wurden wir von einem Gewitter eingeholt. Dank Radar und jeder Menge Blitze waren wir vorgewarnt. Als der Wind aber schlagartig um 90° gedreht hatte und uns Sturmböen mit bis zu 42 Knoten (78km/h) um die Ohren fegten, haben wir nicht schlecht gestaunt. Während wir vor dem Wind ablaufen konnten und glimpflich davongekommen sind, haben unsere Freunde auf der "Balemena" ein Vorsegel verloren.
Und zu guter Letzt hat die Auswertung ergeben, dass wir am gestrigen Montag innert 24 Stunden ganze 166 Seemeilen (307 km) zurückgelegt haben. Da hat unsere Pocket Rocket ihrem Spitznamen alle Ehre gemacht.
Da die Schaukelei nicht gerade zu kulinarischen Höchstleistungen motiviert, haben wir gestern Abend das erste Mal auf Dosenfutter zurückgegriffen. Und was gäbe es da Besseres, als eine deftige Kartoffelsuppe aus dem (amerikanischen) Aldi…
Wir wünschen euch einen tollen Tag!
Wellenhöhe: Man sieht uns, man sieht uns nicht. Man sieht uns, man… (windy.com)
Wellenhöhe: Man sieht uns, man sieht uns nicht. Man sieht uns, man… (windy.com)

Positionsmeldung
11. Juni 2023 18:30 UTC

36°42'N 048°26'W

Moin Moin,
seit gestern ist echtes Hochseesegeln angesagt. Bei 20-25 Knoten (26-45km/h) Wind von hinten bahnt sich unsere Mahea ihren Weg nach Osten. Angeschoben, und manchmal etwas aus der Bahn geworfen, wird sie von ca. 3m hohen Wellen, die ebenfalls von hinten kommen. Als bester Steuermann hat sich der Autopilot herauskristallisiert und es ist beeindruckend, wie schnell er das Boot bei einer etwas seitlich einfallenden Welle zurück auf Kurs bringt. Da der Wind über die letzten Stunden gedreht hat, stimmen Wind- und Wellenrichtung nicht ganz überein. Das führt zu teilweise etwas konfusen Wellenbildern und lässt unsere Fahrt seit gestern zu einer regelrechten Schaukelpartie werden. Laut Wetterfrosch werden diese Bedingungen noch bis zum Mittwoch anhalten. Und danach lässt der Wind erheblich nach. Deshalb versuchen wir jetzt noch so gut wie möglich Strecke zu machen. Limitiert werden wir vor allem von Maheas sogenannter Rumpfgeschwindigkeit. Das ist die, basierend auf der Rumpflänge auf Höhe der Wasserlinie, maximal mögliche Geschwindigkeit durch Wasser. Die liegt bei uns bei ca. 7,5 Knoten (13,5 km/h). Einzelne Brecher von hinten geben Mahea jedoch hin und wieder einen Schups und lassen sie mit über 8 Knoten (14,5 km/h) durchs Wasser und über 10 Knoten (18 km/h) die Welle hinab rutschen. Da das ganze von einer imposanten Geräuschkulisse begleitet wird, können wir diese Surfeinlagen nur bedingt genießen. Um die Moral zu stärken, gab es gestern Abend Spaghetti a la Oma Reni. Das entschädigt für vieles.

Positionsmeldung
9. Juni 2023 16:30 UTC

35°44'N 054°46'W

Hallo allerseits,
die Karawane zieht weiter. Wir kommen unglaublich gut voran. Nach etwas Wind und Welle von der (Steuerbord)Seite und Regen (von oben) sind wir nun wieder vor dem Wind unterwegs und fahren mehr oder weniger direkt auf die Azoren zu. Da Vor- und Großsegel nicht auf der gleichen Seite sind, fehlt etwas Stabilität im Schiff. Dadurch krängt das Schiff teilweise abwechselnd 30° auf die eine und dann 30° auf die andere Seite. Aber beschweren wollen wir uns nicht.
Außerdem leisten unsere Solarpanele sehr gute Arbeit. Während wir auf dem Weg in die Karibik mit zu wenig Strom zu kämpfen hatten, sind unsere Batterien nun trotz intensiver Nutzung des Autopiloten bereits mittags wieder voll geladen. Auf dem Weg nach Bermuda haben sie sogar ihre Maximalleistung überschritten. Ich habe mir erklären lassen, dass der vorhergehende Regen die Panels abgekühlt hat und die darauffolgende Sonneneinstrahlung dadurch noch besser genutzt werden konnte. So, genug Technikkram. Gestern gab's einen leckeren Gemüseauflauf und für heute Abend wurde Sauerkraut mit Kartoffelbrei und Bohnenpattys angekündigt. Es bleibt spanned…
Herzliche Grüße vom sonnigen Atlantik

Positionsmeldung
8. Juni 2023 13:00 UTC

35°16'N 058°25'W

Hallo zusammen, es geht voran. Gestern haben wir innerhalb von 24 Stunden stolze 146 Seemeilen (270 km) zurückgelegt und damit eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwas mehr als 6 Knoten (10,5 km/h) gehabt. So darf es gern weitergehen. Wir fahren jetzt auf Großkreiskurs in Richtung Azoren, d.h. den kürzest möglichen Weg. Der sieht auf der normalen Landkarte nach einem Bogen aus, ist tatsächlich und aufgrund unser runden kugelförmigen Erde aber der direkte Weg. Stand jetzt liegen noch 1420 Seemeilen (2630 km) vor uns.
Mittlerweile haben sich unsere und die Wege der anderen Segelboote getrennt. Jeder verfolgt wohl seinen eigenen Plan. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, wird trotzdem täglich kommuniziert und Wetter, Wind, Welle, Taktik, Strategie, Klatsch und Tratsch und Essensvorschläge verglichen. Da aktuell kein anderes Boot in Funkreichweite ist, geschieht das via SMS und Email übers Satellitentelefon. Tja, wer Ruhe und Einsamkeit sucht, ist wohl selbst auf dem Nordatlantik nicht so ganz richtig. Andererseits ist es schön zu sehen, wie sehr die Segler hier draußen zusammenhalten.
Also, wir senden euch liebe Grüße und verabschieden uns. Unter uns wird es nämlich gleich flach. Nur noch 4000m Wassertiefe…
So sieht ein Strömungs-Forecast bei Windy.com aus
So sieht ein Strömungs-Forecast bei Windy.com aus

Positionsmeldung
7. Juni 2023 08:30 UTC

34°00'N 061°28'W

Guten Morgen allerseits. Seit dem Verlassen Bermudas geht die Sonne nun bereits zum zweiten Mal auf. Die Tage hier draußen werden länger und die Nächte dafür kälter. Tatsächlich sitzen wir nachts dick eingepackt im Cockpit und mussten bereits die dicken Wollsocken aus den Tiefen des Kleiderschranks fischen. Dafür haben wir bestes Wetter. Einige sprechen gar von Champagnersegeln. Nachdem wir während der letzten 2 Tage etwas Strecke nach Nordost gemacht haben, werden wir nun das Vorsegel auf die Backbordseite nehmen und dann im Schmetterling "platt vor dem Wind" Kurs Azoren anlegen. Dabei gilt es neben Wind und Welle auch noch die Strömung zu beachten. Durch den Golfstrom und die teilweise starken Tiefdruckgebiete in dieser Region bilden sich an verschiedenen Stellen kleine Strömungswirbel, sogenannte Eddies, die es auf der richtigen Seite zu erwischen gilt. Da das Oberflächenwasser dort mit bis zu 3,5 km/h fließt und wir lediglich 10 km/h schnell sind, kann ein entgegenkommender "Eddie" für nachhaltig Frust sorgen.Allerdings sind wir hier draußen nicht auf uns allein gestellt und selbst Fremdsprachenkenntnisse nicht erforderlich, da uns insgesamt 6 andere Segelboote, davon 4 unter deutscher Flagge, begleiten. Zwar haben wir uns seit gestern Abend aus den Augen verloren, aber Funkkontakt besteht weiterhin. Und falls dieser abreißt, können wir uns via Satellitentelefon auf dem Laufenden halten. Mit unseren Freunden von der "Balemena" gab es gestern sogar ein Fotoshooting auf offener See. Einige Bilder werden wir wohl mit einem schwarzen Balken versehen müssen… ;)
Ein bisschen schwelgen wir noch in Erinnerungen an Bermuda. Wir hatten einen tollen Aufenthalt, wurden von ausnahmslos allen Einheimischen äußerst freundlich empfangen und waren vor allem von der Segelcommunity begeistert. Da man, um nach Bermuda zu kommen, ein gehöriges Stück des offenen Atlantiks überqueren muss, tummeln sich da nur Langfahrer und Segler, "die es ernst meinen". Jeder hilft Jedem und überall werden Schwätzchen gehalten. Eine tolle Stimmung. Und eine angenehme Abwechslung zu den amerikanischen Seglern der letzten Wochen, die, wenn sie von "the Crossing" reden, die Überquerung des Golfstroms zwischen Florida und den Bahamas meinen (40 Seemeilen, 8 Stunden).
Wir senden euch herzliche Grüße und können nun offiziell und voller Stolz verkünden, dass das Bermudadreieck nun in unserem Kielwasser liegt…


Bermuda Radio
5 Juni 2023 10:30 UTC

32° 22′ N 064° 40′ W  

Hallo allerseits! Unsere Zeit auf Bermuda neigt sich dem Ende zu. Heute bietet sich ein sehr gutes Wetterfenster, um den nächsten Schritt zu wagen. Wir werden in Kürze unseren Ankerplatz verlassen und das Customs Dock auf Ordinance Island aufsuchen. Dort klarieren wir aus und müssen Bermuda anschließend innerhalb einer Stunde verlassen. Tja, und dann liegen 1800 Seemeilen bzw. 3300 Kilometer zwischen uns und den Azoren. Sobald wir auf dem Weg sind, müssen wir Bermuda Radio, die Küstenfunkstelle der Insel, aufrufen und ihm unser Ziel und unsere voraussichtliche Ankunftszeit mitteilen. Gute Frage! Was sagt man da? Einfach tief stapeln und hoffen, dass es besser läuft. Oder unsere "Wunschdauer" (12 Tage) melden und es damit verschreien? Mal schauen. Vielleicht reicht ihm ja ein breitgefächertes "End of June"…

Im Moment regnet es in Strömen und all das Trocknen vom gestrigen SONNtag war vergebens. Aber gut, nass wird's so oder so, also Leinen los und ab durch die Mitte.
Wir halten euch wie gewohnt auf dem Laufenden und danken euch bereits jetzt fürs Mitfiebern und Daumen drücken. Europa, wir kommen!!!

Bermuda Radio
31 Mai 2023 17:50 UTC

32° 22′ N 064° 40′ W

Hallo zusammen! Heute Morgen sind wir nach 7 Tagen 23 Stunden und 42 Minuten auf Bermuda angekommen. Bisher liegen 956 Seemeilen im Kielwasser. Mannschaft und Schiff geht es gut. Nun warten wir auf das nächste Wetterfenster, um den Trip auf die Azoren in Angriff zu nehmen. Die aktuellen Wetterberichte deuten auf eine Abfahrt am kommenden Montag hin. Morgen gibt's mehr von uns. Wir wünschen euch eine gute Nacht!

Wort zum Sonntag
28 Mai 2023 17:50 UTC 

30°36'N 069°51'W

Es geht voran. Nachdem wir Gegenströmung und -wind hinter uns gelassen haben, fliegt Mahea förmlich übers Wasser (und heute Nacht fliegt Marc vielleicht sogar über uns. Haben aber leider kein kompatibles VHF oder HF). Wir segeln mit einer Geschwindigkeit zwischen 5 und 7 Knoten (9-12,6 kmh) und kommen unserem ersten Etappenziel immer näher. Leider verrät der Wetterbericht, dass ein kleines Hochdruckgebiet vor uns liegt, sodass wir wohl auf fossile Brennstoffe setzen müssen.

So langsam beginnt auch die Schlemmerei an Bord. Gestern Abend gab es ein frisch gebackenes Brot a la Aracanga (Danke Riki) und eine Gemüselasagne. Bei einer Schräglage von bis zu 30° aufgrund der Welle von querab ein etwas akrobatischer Akt, der jeden Arbeitsschritt verlangsamt. Damit wurde mein Plan, noch vor Sonnenuntergang zu dinieren, leider torpediert. Als Ersatz gab es zum Abendessen dafür Wetterleuchten (was für ein schönes Wort für Blitz) in allen Himmelsrichtungen. Trotzdem blieben wir von Gewittern verschont und konnten eine ruhige Nacht verbringen. Ansonsten kämpfen wir etwas mit der Haltbarkeit unserer Früchte und unseres Gemüses. Da in den USA fast alle frischen Lebensmittel bereits gekühlt und beispielsweise Eier und Kartoffeln gewaschen verkauft werden, ist deren Leben außerhalb unserer Kühlkammer nur von kurzer Dauer. Aber nützt ja nix. Also Guacamole zum Frühstück…
Wir wünschen euch einen schönen Sonntagabend!

Positionsmeldung
25. Mai 2023 18:42 UTC

28°02'N 076°33'W

Hallo zusammen.
Die ersten 48 Stunden auf hoher See liegen hinter uns und es wurde nicht langweilig.
In der Ausfahrt aus Fort Lauderdale/Port Everglades hat uns direkt ein großer Tanker aus dem Fahrwasser verscheucht. Nachdem uns der Loste abgefangen und unmissverständlich klar gemacht hatte, dass wir an dieser Stelle unterlegen sind und das Weite suchen sollen, sind wir also nach Süden abgedreht. Dennoch blieb die Frage, warum er uns nicht anfunkt. Ein Blick auf das Funkgerät verriet dann allerdings, dass die Lautstärke noch zu Gunsten des Mittagsschlafs des kleinsten Mitglieds der Stammbesatzung, nämlich auf 0, eingestellt war. Fängt ja gut an. Also nichts wie weg.
Es dauerte nicht lang, bis wir die Autobahn alias Golfstrom erreicht hatten und mit sensationellen 8 Knoten gen Nordost flogen. Mangels Wind mussten allerdings fossile Brennstoffe für den Vortrieb sorgen. Somit hatten wir Kapazität für andere Dummheiten. Und schwupp, Köder samt Haken ins Wasser. Leider brachte der bisherige grau-blaue Köderfisch keinen Erfolg, weshalb wir auf eine zweite Schleppleine setzten. Diese besteht aus einem Köderfisch mit Flügeln, welche diesen an der Oberfläche halten, und, im Abstand von ca. 50cm, ein mit Lametta verzierter Haken. Als ich dem Treiben 10 Minuten zugeschaut und mich innerlich schon darüber ärgerte, dass der Köder oben aufschwimmt und sicher keinen einzigen Meeresbewohner hinterm Ofen hervorlockt, tat ich meinen Ärger kund. Geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid. Und während ich also alle auf die Misere aufmerksam machte, entschied sich ein Barracuda für meinen Köder und damit unseren Teller. Mit erstaunlich wenig Gegenwehr ließ sich der 90cm lange Brocken auf das Deck ziehen und selbst seine scharfen Zähne kamen bei keinem von uns zum Einsatz. Fiko setzte seinem Leid ein schnelles Ende und gemeinsam wurde er filetiert. Und am Abend stand Barracuda (eine Hälfte) mit Petersilienkartoffeln und Brokkoli auf der Speisekarte.
Da Freud und Leid bekanntlich manchmal nah beieinander liegen, mussten wir leider feststellen, dass wir die Grand Bahama Island Bank genau zwischen Sonnenuntergang und -aufgang kreuzen würden. Also Nachtfahrt mit 6m Wasser unterm Kiel.
Der folgende Tag hatte es dann in sich. Schmerzlich mussten wir erkennen, dass Wind, Welle und Strömung in die entgegengesetzte Richtung unterwegs sind und unsere Fahrt um 1 bis 2 Knoten verlangsamen. Hätte ich nicht bereits davon gehört, wäre ich wohl fast verzweifelt und drauf und dran, den Motor zu zerlegen. Aber so müssen wir wohl diese Kröte einfach schlucken.
Am Nachmittag wurden wir dann langsam aber sicher von einer Gewitterfront eingeholt. Aufgrund ihrer Großflächigkeit und unserem Schneckentempo gab es kein Entkommen. Vorsichtshalber wurde also das Großsegel bereits ins zweite Reff gesetzt. Und kurz darauf kündigte sich auf dem Wasser bereits eine ernstzunehmende Veränderung der Windgeschwindigkeit an. Innert weniger Minuten sprang der Windmesser von 5 (9km/h) auf 38 Knoten (70 km/h), begleitet von einem ordentlichen Platzregen und Blitzen und Donner in allen Himmelsrichtungen. Nach 2 Stunden Dauerregen war das Boot sauber, wir nass, alles etwas verrutscht und der Spuk vorbei. Well, that escalated quickly…
Seither motoren wir weiter und suchen den Wind. Einschlägige Wetterportale versprechen Wind südlich unserer Route. Morgen wissen wir mehr.
Ach, und zum Schluss noch etwas Positives: Die Gegenströmung ist verschwunden. Hurra

 

Viele liebe Grüße aus dem Bermuda Dreieck