Rückblick Europa

14.12.2022

Gut 200 Tage leben wir nun auf unserer Mahea. Wir haben Europa hinter uns gelassen- Zeit für einen Rückblick.

In Kürze:
  • Portugal war bisher das aufgeschlossenste, herzlichste Land auf unserer Route, hier haben wir uns am Wohlsten gefühlt.
  • Die Fußwege in den spanischen Städten sind extrem Kinderwagenunfreundlich - dafür sind die Menschen um so kinderfreundlicher und es gibt überall Spielplätze, die gut gepflegt sind.
  • Mit einem unfertigen Boot zu starten ist eine Sache. Mit einem 1-jährigen Energiebündel zu reisen, eine Andere. Beides zusammen? Zehrt an den Kräften- das ein oder andere Mal habe ich mich dabei erwischt, wie ich mich nach einem Urlaub gesehnt habe- sehr seltsam, oder?
  • Segeln und Segelleben im Mittelmeer vs. Westeuropäische Atlantikküste unterscheiden sich wie Tag und Nacht.
  • die schönste Stadt auf unserer bisherigen Reise ist Rota.
  • immer Nebel in britischen Gebieten
  • Meer macht glücklich.
  • Nachtfahrten sind toll, wenn die See ruhig ist und Delfine uns begleiten.
  • Langfahrtsegeln ist kein Urlaub.
  • Das Mittelmeer als Segelrevier is nich zum Aushalten.
  • Almerimar ist der dreckigste, langweiligste und fragwürdigste Hafen von allen die wir bisher angesteuert haben- Warum schwärmen so viele deutschsprachige Segler dafür? Big mystery.
  • Menorca ist wunderschön anzuschauen, Formentera ist einer der schönsten Ankerspots im spanischen MM.
  • Die alten Segler haben immernoch das beste Seemannsgarn parat, während die Jugend sich schwer tut nur kurzen Augenkontakt und ein "Hallo" hervor zu bringen.
  • Ich hätte gedacht wir sind schon weiter, aber es kümmert immer noch viel zu wenige Menschen wieviel ihres Plastikdrecks im Meer landet. Oder was ihr Konsumverhalten damit zu tun hat.

In den 200 Tagen sind wir von der Ostsee in die Nordsee gesegelt, weiter durch die niederländischen Kanäle und durch den Ärmelkanal via Biskaya nach Galicien. In dieser Anfangszeit waren wohl die Eingewöhnung, der Zeitdruck, sowie die Gezeiten und Strömungen die größten Herausforderungen. Wunderschöne Küstenabschnitte, gemütliche Hafenstädte und Authentizität haben uns immer wieder ins Schwärmen gebracht. Ein Jammer, dass hier alles so schnell gehen musste.

Unsere Route führte uns weiter entlang der portugiesischen und spanischen Atlantikküste nach Gibraltar. Im Kopf geblieben ist uns vor allem die Herzlichkeit und Aufgeschlossenheit der Portugiesen. Wir haben viele schöne Erinnerungen mitgenommen. Spannend war es das Land entlang der Küste von Nord nach Süd mit seinen vielen Kontrasten kennenzulernen. Vom kleinen Fischerort zur Tourihochburg- aber durchweg charmant. Aufregend waren in dieser Zeit auch die Aktivitäten der Orcas. Die Zahl der Angriffe oder "Interaktionen" ist in diesem Sommer beachtlich gestiegen. Mittlerweile ist die Rede von 50 Orcas die entlang Europas Westküste auf Segelboote bzw. deren Ruderanlagen gehen. 2 Segelboote haben die Orcas versenkt- scheinbar wurde durch die kräftigen Bisse auch der Rumpf beschädigt, sodass Wasser eindringen konnte und die Boote nur noch aufgegeben werden konnten. Glücklicherweise waren in beiden Fälle umliegende Boote schnell genug da, um die Crews aufzunehmen. Immer noch sehr gruselig das Ganze. Wir sind jedenfalls happy, dass wir von den Orcas verschont wurden.

Das Mittelmeer von Gibraltar zu den Balearen und zurück war interessant aber irgendwie nicht so unser Geschmack. Zu fade, zu heiß, zu überteuert, zu unfreundlich, zu gewollt, zu wenig Wind (oder zu viel) -ich könnte noch weiter machen, aber ich denke die Tendenz ist klar. Natürlich gibt es viele wunderschöne Ecken und liebenswerte Menschen, aber das nervtötende Drumherum kann dies bedauerlicherweise nicht wettmachen. Menorca haben wir als freundliche und wirklich sehenswerte Insel kennengelernt (aber zu voll und überteuert). Formentera war unser Ankerparadies, mit seinem durchweg türkisblauem Wasser kommt man ins Schwärmen.

Nichts desto trotz haben wir die Ausfahrt aus dem Mittelmeer herbei gesehnt. Die Fahrt entlang der spanischen Küste Richtung Atlantik war nochmal sehr interessant mit ihren teils sehenswerten und teils grauenvollen Abschnitten.

Einer der gruseligsten Orte war wohl La Linea, an der Grenze zu Gibraltar. Mit den Leuten von der Werft war es immer lustig und sie waren sehr hilfsbereit. Aber der Ort selbst wirft Fragen auf. Ungelogen habe ich auf mehreren Spaziergängen nicht eine Person gesehen, die keine Jogginghose trug- no judging but what's up with that? Klar, je näher man zur Grenze kommt, desto mehr Touristen und Pendler sieht man, aber je weiter man in die andere Richtung läuft, desto skurriler wird es. An JEDER Straßenecke steht ein Kiosk, der ausschließlich Süßigkeiten verkauft- davor jeweils eine kleine Traube tratschender Omas oder Mütter oder Männer. Jeder kennt und grüßt sich- entsprechend außerirdisch werden Mini und ich beäugt. Mit einsetzender Dunkelheit wirkt die Szenerie zunehmend bedrohlicher auf mich. Olle Schrottkarren mit verdunkelten Scheiben und lauter Musik fahren immer langsamer an uns vorbei. Wäre dies ein Zombiefilm, würden jetzt alle ihre Arme heben und auf uns zu halten- Zeit sich zurück zu ziehen. Ich merke grad, dass diese kleine Anekdote wohl kaum in einen Rückblick passt- was soll's, es musste offensichtlich einfach raus.

Die Kanaren, genauer gesagt La Graciosa und Lanzarote haben wir, wie schon zuvor genossen. Die kleine Insel im Norden ist auf jeden Fall eine Reise wert. Und an Lanzarote hab ich sowieso schon längst mein Herz verloren. Diese intensiven Farben... schwarzer Lavastein, weiße Häuser (dank César Manrique), grüne Weinreben und Aloe, die klare Luft, die den Himmel sooo blau wirken lässt, dann die urig-gemütlichen kleinen Orte im Nordosten, die Surfspots dort, der Wein, die Vulkane- hach ja...

Aufregend war's und nun freuen wir uns auf eine neue Welt namens Karibik.