Segeln im Orca Territorium, 4 technische Defekte auf einem Schlag und die große Hitze - Faro bis Gibraltar

04.08.2022
Wir segeln weiter Richtung Faro. Für die Dinghy Befestigung am Geräteträger sind wir noch auf der Suche nach einer best practice Lösung. Da es breiter als das Heck ist, muss es hoch genug sein, um bei Krängung nicht ins Wasser zu tauchen, aber nicht zu hoch, da es sonst den Außenborder touchiert, der ebenfalls am Heck befestigt ist. Es folgt ein Segeltag voller Technik Chaos: Erst stellt die elektrische Ankerwinsch ab, ohne das der Not-Stop ausgelöst wird. Unterwegs geht unser Navigationsgerät, der Plotter, immer wieder aus, bis er schließlich schwarz bleibt. Gut, dass wir nah an der Küste sind, so kann ich schnell Seekarten online kaufen und aufs Tablet laden. Danach quittiert Alex' Handy den Dienst- wohl eine Mischung aus Hitze und Übermüdung durch intensiven Gebrauch des jüngsten Crew Mitglieds. Zu guter Letzt gibt es noch einen Kurzen bei den Navigationslichtern. Plotter und Lichter konnte Alex gleich reparieren.
Wir ankern vor Culatra, einer Insel vor Faro. Ein charmantes kleines Dörfchen, ein Naturpark, den man auf dem Weg zum Strand auf Holzstegen durchquert und schließlich der von Biologen betriebene Strand Richtung Atlantik machen diesen Flecken Erde ganz besonders liebenswert. Da kann man schon mal vergessen, dass man in der Einflugschneise und mitten auf dem Wasser-Highway zwischen Festland und Insel ankert. Uns zieht es dennoch weiter. Wir wollen endlich ins Mittelmeer, die Orca Zone hinter uns lassen. Die bevorstehende Route entlang Huelva, Cádiz und Tarfia sind Hotspots für Interaktionen mit den Walen. Zwar sind auf den Websites keine neuen Angriffe in dieser Region gemeldet, von den Locals hört man es aber immer wieder. Der Hafenmeister von Punta Umbria berichtet zum Beispiel von einer Interaktion vor 3 Tagen in der Nähe und zeigt mir ein Video, das die betroffenen auf Facebook gepostet haben. Also keine Entwarnung. Und so starten wir erst nach nach Sonnenaufgang und kriechen weiter - immer eng an der Küste.
Nächster Stop ist Rota, nördlich von Cádiz. Wunderschön urig, elegant und romantisch ist es hier. Im alten Stadtkern ist alles warmweiß beleuchtet, Lichterketten schmücken die reiche Bepflanzung. Wir werden herzlich mit einem Open Air Konzert zwischen alten Festungsmauern begrüßt, das vom örtlichen Ensemble bespielt wird. Obwohl Wochentag ist, scheint die ganze Stadt hier versammelt, um Familie und Freunde zu treffen, bis spät in die Nacht. In den verwinkelten Gassen findet man überall kleine Restaurants und Bars, die zum verweilen einladen. Wir haben Glück, dass Mini tief und fest in der Trage schläft und genehmigen uns ein Bier. So haben wir uns das vorgestellt. Da am nächsten Tag alle Fähren nach Cádiz ausfallen, machen wir uns noch einen schönen Tag in Rota und sind begeistert von der Schönheit dieses Ortes.

Wir bereiten uns auf den vorerst letzten Schlag im Atlantik vor, der uns an Barbate (Ocra Hotspot) und Tarifa vorbei durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer führt. Wir bleiben dicht an der Küste und schalten den Tiefenmesser aus (könnte Orcas anlocken, da Verwechslung mit Fischerboot). Als wir an Barbate vorbei sind, atmen wir auf.

Schließlich trägt uns die Strömung durch die Straße von Gibraltar und verdoppelt fast unsere Geschwindigkeit. Um hier durchzukommen, müssen Wind und Strömung wirklich stimmen, sonst bleibt man einfach auf der Stelle oder fährt Rückwärts. Es gibt eine konstante Oberflächenwasserströmung Richtung Mittelmeer von etwa 1-2 Knoten, da das Wasser dort verdunstet und immer nachfließt (gut für uns). Darunter gibt es aufgrund des unterschiedlichen Salzgehalts noch eine Gegenströmung raus in den Atlantik. Diese kannten übrigens schon die alten Seefahrer und machten sie sich mittels eines Treibankers zunutze, da mit ihren Segelschiffen (ohne Dieselsegel) sonst kein Hindurchkommen möglich gewesen wäre. Außerdem kommt noch die Gezeitenströmung dazu, die man bei der Durchfahrt auch unbedingt in die eigene Richtung haben möchte. Und damit das ganze nicht so hackt, gern noch den Wind nicht von vorn. Heut passt alles. Trotzdem ist das Wasser sehr unruhig und je mehr wir uns Gibraltar nähern, desto häufiger dreht der Wind, was wohl mit dem Düseneffekt und den umliegenden Bergen zu tun hat. Egal. Wir haben es geschafft, endlich im Mittelmeer. 🥳

Nachdem wir grade gelesen haben, das Orcas gestern erstmals ein Segelboot vor Sines in Portugal versenkt haben (die 5-köpfige Crew konnte sich in die Rettungsinsel retten, alles sind gesund, das ganze habe nur 10 Minuten gedauert), fällt uns noch einmal mehr ein Stein vom Herzen, dass wir es unbehelligt her geschafft haben. Für die Zukunft bleibt ein ungutes Gefühl. Sehr schade, da wir sehr gern in Portugal sind und auch wiederkommen möchten. Bleibt zu hoffen, dass das Ganze nicht weiter eskaliert.